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Tag 389 – Ein seltenes Naturereignis für Shanghai

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Wie schon zu meiner Anreise im vergangenen Jahr, habe ich schnell gemerkt, wie kalt ein Winter in Shanghai sein kann. Kälter als gedacht, liegen die Temperaturen bei etwa 0 Grad. Eigentlich fast wie in Deutschland, nur fühlen sich die Temperaturen wesentlich kälter an, was wahrscheinlich mit der Art des Heizens zusammenhängt. Die Wohnung wird nicht wirklich warm und man selbst auch nicht, denn geheizt wird mit Klimaanlage. Nur wenige Wohnungen verfügen über eine Fußbodenheizung. Eigentlich wird nur warme Luft durch die Wohnung gewirbelt, Möbel und der geflieste Fußboden bleiben kalt. Einen Heizkörper an der Wand, wie wir ihn kennen, ist in China eine Seltenheit, zumindest in dieser Region. Die Klimaanlage schalte ich nachts aus, weil es sich bei diesen Geräuschen schlecht schlafen lässt. Selbst im sogenannten “Schlafmodus” ist die Klimaanlage noch gut hörbar. Vor meinem ersten Winter in China hatte ich nicht großartig über das Heizen und die Kälte nachgedacht. Meine ersten Nächte im Hotel fühlten sich normal an, denn dort hatte ich das vorgewärmte Zimmer und eine leistungsstarke und ruhige Klimaanlage. Außerdem strahlte der Teppich im Hotelzimmer Wärme aus. Mit dem Einzug in die Wohnung änderte sich die Situation schlagartig. Ich wusste, was permanente Kälte bedeutet.

Ebenso wurden winterliche Restaurantbesuche ungewohnt und neu für mich. Denn dort wird im Winter kaum geheizt, weshalb das Sitzen in dicker Winterjacke alles andere als gemütlich ist. Positiv finde ich jedoch, dass man in der kalten Jahreszeit ein warmes Glas Wasser gereicht bekommt. Meist Wasser, manchmal aber auch Wasser mit Zitronengeschmack. Die Kellner sind sehr aufmerksam, nachgeschenkt wird schon dann, wenn das Glas gerade einmal halb leer ist. Ein positiver Effekt dabei – man kann sich seine Hände am Glas wärmen.

Nach dem letzten Winter konnte ich mich (gedacht) besser auf den kommenden Winter vorbereiten. Passende Kleidung für unter der normalen Kleidung habe ich im Wanda-Plaza gefunden. Zu meinem Glück findet sich im Wanda-Plaza die Kleidungskette UNIQLO, bei der selbst ich Kleidung finde. In einigen Kleidungsgeschäften scheint die Zeit nämlich stehen geblieben zu sein. Was bei uns in den 80er und 90er modern war, wurde damals als Restbestand vermutlich ab den 2000er nach China verschifft, denn diese Kleidung findet man hier heute noch und scheint in Mode zu sein.

  

Doch es sollte anders kommen. Dieses Jahr legte der Winter in Shanghai eine Schippe drauf, denn ich durfte ein für diese Region seltenes Naturereignis erleben. Es fing an zu schneien, was ungefähr alle 7-10 Jahre vorkommt. Was in Deutschland seit Jahren seltener geworden ist, durfte ich dafür in Shanghai erleben und dazu musste ich erst nach China kommen, dachte ich mir. Die Temperaturen fielen, anders als sonst im Winter, in der Nacht auf -5 Grad. Sowieso empfinde ich das Klima seit einiger Zeit alles andere als normal, ich erinnere nur an den (teils stark) verregneten Sommer 2017 in Deutschland.

Die Chinesen sind verständlicherweise nicht wirklich auf Schnee vorbereitet. Winterreifen und Schneeschaufeln sind hier ein Fremdwort und sich auf den Straßen der Wetterverhältnisse anpassen zu müssen, sowieso. Das Salzstreuen wird hier nicht angewandt und auch eine Straßenmeisterei mit Winterdienst gibt es hier nicht. Dafür sind die Winter in Shanghai normalerweise zu milde, um solche Einrichtungen betreiben zu müssen. Für eine sonst 1 stündige Fahrtstrecke benötigt man gerne mal 2,5 Stunden und an einem verschneiten Tag passierten auf knapp 30 Autobahnkilometern 5 Unfälle.

     

Ein Blick aus dem Büro zeigt ganz gut, wie chaotisch es auf den Straßen zugeht. Neben den ohnehin nicht befolgten Verkehrsregeln kommt dann noch der Schnee dazu…

Durch die Art des Heizens entwickelt sich leider eine sehr schlechte Luftqualität. Würden wir uns in China mit einen für Deutschland schlechten Wert von 80 AQI zufrieden geben, haben wir es im Winter mit weitaus schlechteren Werten zu tun.

Der Luftqualitätsindex (AQI = Air Quality Index) ist eine Zahl, die angibt, wie verschmutzt die Luft ist. Mit zunehmendem AQI steigt der Prozentsatz der Bevölkerung, der wahrscheinlich negative Auswirkungen auf die Gesundheit feststellt. Dieser AQI kennt sechs Kategorien für die jeweils zunehmende Gesundheitsgefährdung. Ein AQI-Wert über 300 steht für gefährliche Luftverschmutzung. Werte unter 50 bedeuten, dass die Luftqualität gut ist. Fast Synonym für die Luftverschmutzung stehen Bilder aus China, auf denen Menschen wegen enormen Smogs mit Atemschutzmasken zu sehen sind. Genau aus China stammt nun auch ein „Air Quality Index“, der in Echtzeit die Luftverschmutzung in den zahlreichen Städten rund um den Globus aufzeigt.

Mein höchster gemessener Wert lag bei 318. An solchen Tagen reduziere ich Spaziergänge auf das Nötigste. In der Region Shanghais liegen die Werte außerhalb des Winters normalerweise zwischen 100 und 150. An warmen Tagen sinkt der Wert auch mal unter 100.

Nicht mehr lange und die Temperaturen werden wärmer und die Luftqualität besser. Erstaunlich, wie unterschiedlich ein Winter in China im Gegensatz zu Deutschland ist. Wobei ich es mit Shanghai vermutlich noch gut getroffen habe. Im nördlich gelegenen Beijing liegen die Temperaturen im Schnitt 5 Grad unter denen von Shanghai und anders als hier wird dort auch nicht geheizt.