Allgemein

Der China-Knigge – Teil 3

Weniger offensichtlich

  • Beim Essen bestellt man in der Regel mehrere Gerichte. Reis muss gesondert bestellt werden.
  • Suppe wird oft als einer der letzten Gänge serviert, weil man die Vorstellung hat, damit die letzten Hohlräume im Magen auszufüllen.
  • Es ist möglich, dass die komplette Speisen-Bestellung gleichzeitig auf den Tisch gelangt, weil es keine zeitliche Speisenfolge nach europäischen Vorstellungen gibt.
  • Es ist üblich, mit vollem Mund zu reden oder während des Essens zu rauchen (gern auch mal gleichzeitig). Auch Fleischreste zwischen den Zähnen entfernt ein Chinese sich ungeniert. Am bekanntesten ist wohl die Tatsache, dass Chinesen beim Essen nicht sonderlich auf die Geräuschentwicklung achten. Man sollte sich an deutlichem Schmatzen oder Schlürfen nicht stören, denn es gehört in China zum Essen dazu. In der chinesischen Sprache trinkt man eine Suppe, man isst sie nicht.
  • Beim Essen wird Alkohol getrunken und auch Trinkspiele (Würfeln) sind beliebt.
  • In China muss ein Trinkglas immer voll sein, im Gegensatz zu Deutschland, wo man üblicherweise erst dann nachschenkt, wenn ein Glas leer getrunken ist. Es wird auch nachgeschenkt, obwohl man noch fast gar nichts getrunken hat. Dies gilt vor allem für leichtere alkoholische Getränke wie Bier.
  • Man sollte vermeiden, sich selbst etwas einzuschenken, ohne vorher nicht allen anderen Tischgästen ebenfalls nachgeschenkt zu haben – und sei es nur andeutungsweise. Selbst in ein volles Glas passen noch ein paar Tropfen mehr hinein.
  • Sind die Gläser gefüllt, geht es ans Anstoßen und Zuprosten auf chinesisch. Stößt man mit den anderen Tischgästen an, so gibt es auch hier einige Feinheiten, die vielleicht nicht sofort auffallen. Als besondere Respektbekundung gegenüber einer älteren oder übergeordneten Person wird das Glas beim Anstoßen mit zwei Händen gehalten, wobei die eine Hand das Glas normal hält, während die andere Hand mit der Handfläche nach oben unter den Glasboden gehalten wird. Eine weitere besonders höfliche Respektbekundung ist es, darauf zu achten, dass man das eigene Glas beim Anstoßen etwas niedriger hält als das Glas des Gegenüber. Allerdings wird wohl kein Chinese von einem Europäer erwarten, diese Feinheiten wirklich zu kennen. Zumal man als Europäer üblicherweise ohnehin außerhalb der chinesischen gesellschaftlichen Hierarchie steht.
  • Bei festlichen Anlässen wird der Gastgeber zu dieser Gelegenheit eventuell ein paar nette Worte sagen. Das Wort, auf das man dabei achten sollte ist „gan bei“, was wörtlich übersetzt trockenes Glas heißt. Und genau das ist gemeint! In Deutschland würde man „auf ex“ sagen.
  • Während des Essens wird der chinesische Gastgeber wahrscheinlich fragen, ob man Alkohol trinken möchte. Dem deutschen Gast wird er dabei vermutlich ein Bier wie Tsingtao vorschlagen. Zusätzlich vermutlich auch Maotai oder einen ähnlichen chinesischen Weißwein. Wobei das schnapsähnliche Getränk nichts mit Weißwein zu tun hat. Warum das chinesische Wort für Schnaps „bai jiu“ oft mit Weißwein übersetzt wird, weiß wohl niemand. Richtiger wäre wohl „Klarer Schnaps“.

  • Durch ein unhöfliches „Nein” die Einladung zum Trinken einfach abzulehnen, geht nicht. Es bleiben zwei Optionen: Mitzutrinken (eventuell recht viel) oder eine höfliche Ausrede zu erfinden. Die erste Option bedarf keiner weiteren Erklärung. Je nach Temperament und Trinkfestigkeit des chinesischen Gegenübers kann das durchaus dazu führen, dass bald darauf noch eine zweite Flasche Maotai bestellt wird und man später auf allen Vieren aus dem Raum kriecht.

  • Um nicht mitzutrinken, ohne dem Gegenüber durch eine direkte Ablehnung bloßzustellen, sollte man eine kleine Ausrede parat haben. Da man als Ausländer meistens mit dem Taxi oder einem Chauffeur unterwegs ist, fällt das klassische „Ich muss noch fahren” in diesem Fall aus. Eine akzeptable Ausrede ist zum Beispiel die Einnahme von Medikamenten, die keinen Alkoholkonsum erlauben. Wenn man bereits angefangen hat mitzutrinken, wird es ungleich schwieriger, ohne Gesichtsverlust auszusteigen.
  • Für rund 56% der Chinesen gilt, dass sie Alkohol nur schlecht vertragen, da ihnen ein zum Alkoholabbau im Körper das wichtige Enzym Acetaldehyddehydrogenase (ALDH) fehlt. ALDH ist ein zur Gruppe der Aldehyddehydrogenasen gehörendes Enzym, welches im menschlichen Körper zum Abbau von Alkohol (Ethanol) benötigt wird. ALDH wandelt das, durch ADH aus Alkohol erzeugte, toxische Acetaldehyd (Ethanal), in Acetat um.
  • Nach dem Essen sollte man keinen Chinesen zu einem Absacker einladen. Dies wird oft mit dem „letzten Getränk vor dem Tode” assoziiert – analog der berühmten „letzte Zigarette“ bei uns.

Fotografieren

  • Vor dem Fotografieren eines Menschen sollte dieser immer um Erlaubnis gefragt werden.
  • Fotografieren auf Flughäfen und in einigen Tempeln ist verboten. Vorsicht ist auch bei militärischen Anlagen oder staatlichen Einrichtungen angebracht.

Sonstiges

  • Öffentliche Gebäude und buddhistische Tempel sollten nur in angemessener Kleidung betreten werden.
  • Religiöse Skulpturen, zum Beispiel von Buddha, sollten nicht berührt werden.
  • Mit Zahlen ist in China allerlei Mystik verbunden. Ähnlich wie bei uns in Deutschland die Zahl 13, gibt es auch in China Zahlen, die den Ruf genießen, Unglück zu bringen und solche, die als positive Symbole gelten.
  • In China gelten die Zahlen Vier (4), Sieben (7) und Zehn (10) als Unglückszahlen. Die Aussprache von Vier (si) und Zehn (shi) in Mandarin, hört sich ähnlich an wie die Aussprache des Wortes „Tod”. Die Aussprache des Wortes sieben (qi) hört sich ähnlich an wie das Wort für „fortgegangen”. Bei Einladungen gilt es außerdem, möglichst eine gerade Zahl von Gästen einzuladen, um Unglück fernzuhalten.
  • Zahlen mit positiver Konnotation sind die 6, die 8 und die 9, da ihre Aussprache ähnlich der einiger positiver Wörter ist. Das Wort für 6 in Mandarin ist liu, was auch soviel bedeutet wie problemlos oder erfolgversprechend. Die Zahl 8 wird in Mandarin fa ausgesprochen. Eine weitere Bedeutung des Wortes ist bevorstehender Reichtum.
  • Die Zahl 9 wird auf Mandarin als Jiu ausgesprochen, was an das Wort „für immer” erinnert und vor allem im Zusammenhang mit Freundschaft gebraucht wird.
  • Zahlen, die mit 6, 8 oder 9 enden, bedeuten also etwas positives. Den „Aberglauben” in Verbindung mit Zahlen kann man in China zum Beispiel beobachten, wenn es um Telefonnummern von Unternehmen geht oder um Zimmernummern von Hotels. Ähnlich wie es in Europa oft keine 13. Etage in Hotels gibt.
  • Bei uns stehen auf den Aktienmärkten die roten Zahlen für fallende Kurse, die grünen Zahlen für steigende Kurse. In China ist dies genau anders herum. Rot ist die Farbe für Glück und zeigt daher die steigenden Zahlen an, die grünen deuten auf fallende Kurse hin.

  • Protzig goldene Dekorationen. Gold ist in China – wie auch in Europa – schon immer ein ganz besonderes Metall gewesen. Es zählt in China (neben dem Holz, der Erde, dem Wasser und dem Feuer) sogar zu den „fünf Elementen des Lebens”. Als Ausdruck von Reichtum und Wohlstand sind Gold und goldene Dekorationen daher sehr beliebt.
    Denn, im Gegensatz zu Deutschland, wo man seinen Wohlstand eher dezent zu verstecken versucht, ist es in China ganz normal, seinen finanziellen Erfolg stolz und offen zu zeigen.
    Das mag auch an der Reaktion liegen, die man bei anderen damit auslöst. In Deutschland ist die Reaktion oft eher Missgunst und der Ruf nach höheren Steuern für Reiche. In China dagegen gilt es vielen Menschen eher als Ansporn, es durch Fleiß und Arbeit auch einmal so weit zu bringen. So wie es in den 50er Jahren in Deutschland auch eher üblich war.

2 Gedanken zu „Der China-Knigge – Teil 3

  1. Hallo Sven,
    wie Du deinen Blog schreibst liest sich toll. Durch Zufall bin ich hier gelandet und umso überraschter, wo Du Dich herumtreibst. Ich werde mir sicher noch den einen oder anderen “alten Beitrag” durchlesen und Dich künftig etwas stalken – spannend ! 😉
    Ich wünsche Dir noch eine erlebnisreiche und spannende Zeit!

    Liebe Grüße und fühl Dich gedrückt,
    Katharina

    1. Hallo Katharina,
      schön, von Dir zu lesen! 😉
      Das freut mich, dass Dir mein Blog gefällt. Einige Beiträge folgen noch und warten schon auf die Veröffentlichung.
      Vor meiner Rückkehr werde ich auch sicherlich das eine oder andere noch hier erleben.

      Liebe Grüße zurück,
      Sven

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