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Einfach nur Haare schneiden

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„Oben kurz und an den Seiten etwas kürzer.“ Ein einfacher Satz, um dem Frisör den Wunsch seines Haarschnitts mitzuteilen. Doch wie bringe ich jemandem diesen Satz bei, der mich nicht versteht?

Täglich geraten wir in Situationen, sich verständigen zu müssen. Eine völlig normale Situation, wie wir sie mehrfach erleben. Als unbewusst und selbstverständlich betrachten wir die Situation, weil wir verstanden werden. Aber wie ist es oder besser ausgedrückt: “Wie fühlt es sich an, sich verständigen zu müssen, wenn weder die Sprache noch die Schriftzeichen beherrscht werden?” Manchmal hilflos, aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und versuche, es mit Humor zu nehmen.

Mit etwa 70% zählt die Sprache Mandarin als Muttersprache aller Chinesen. Mandarin ist eine sogenannte Tonsprache. Als Tonsprache bezeichnet man eine Sprache, bei der mit einer Änderung der Tonhöhe oder des Tonverlaufs in einer Silbe in der Regel auch eine Änderung der Bedeutung des entsprechenden Wortes einhergeht. Tonsprachen sind die häufigsten aller heute weltweit gesprochenen Sprachen, umfassen allerdings nicht die Mehrheit aller Sprecher.

Meine nicht vorhandenen Sprachkenntnisse lassen mich oft im Dunkeln stehen. Hinzu kommt die weitverbreitete Charaktereigenschaft der Chinesen, Dinge, anders als erwartet, aufzunehmen und zu verarbeiten. Diese Momente erschweren es mir jedes Mal wieder aufs Neue, eine für uns einfache und nachvollziehbare Erklärung abzugeben.

Mein Leidensdruck war nie groß genug, die Sprache lernen zu wollen. Irgendwie konnte ich mich verständigen und wenn nicht, dann eben nicht. Mit Englisch komme ich ganz gut zurecht, darum ist es für mich in Ordnung, gelegentlich nicht verstanden zu werden. Außerdem wollte ich die Zeit in China anders nutzen als regelmäßig für etwas zu pauken, das ich in Deutschland nicht wieder hätte anwenden müssen. Denn wie mit fast allen Dingen im Leben, verstummen diese, wenn sie nicht regelmäßig angewandt werden.

Um einen Haarschnitt komme ich auch in China nicht drum herum. Die Frisöre, zu denen ich gehe, sprechen nur einen Bruchteil Englisch. Für ein „hello“, „bye bye“ und „be careful“ reicht es aus. Ein „be careful“ dient als höflicher Hinweis, damit ich mir meinen Kopf nicht stoße. Denn vor und nach dem Haareschneiden, lasse ich mir die Haare waschen und die Waschbecken befinden sich in der 1. Etage, die ich durch einen niedrigen Durchgang erreiche.

Um dem Frisör meinen Haarschnitt zu erklären, zeige ich ihm 2 Bilder. Das eine Bild zeigt den Haarschnitt, wie ich ihn gerne hätte und das andere Bild, wie kurz es nicht sein soll. Zusätzlich habe ich mir 2 Zettel anfertigen lassen, mit „nicht kürzer als 10 mm“ und „an den Seiten kürzer als oben und die Stirn nicht kahl rasieren“. In China lassen sich nämlich viele Männer ihre Stirn kahl rasieren, was unglaublich schrecklich aussieht. Dadurch lassen sich die vorderen Haare in den ersten 2-3 Wochen gar nicht zurechtlegen, nicht einmal mit Haargel – die kurzen Haare an der Stirn sprießen nur so hervor. Einer meiner schlimmsten Frisörbesuche war der, als mir die Haare auf wenige mm kurz geschnitten worden sind. Bis zum nächsten Frisörtermin konnte ich mir entspannte 2 Monate Zeit lassen.

Inzwischen lege ich mir die Frisörtermine so zurecht, daß ich mir zu Beginn eines jeden Deutschlandaufenthaltes, einen normalen Haarschnitt schneiden lassen kann.

Das Haareschneiden in China ist unglaublich günstig. Ein Haarschnitt inkl. Haarewaschen, vorher und nachher, kostet bei meinem Frisör normalerweise 50 YUAN (ca. 6,50 EUR). Durch eine VIP Card bezahle ich die Hälfte – ca. 3,25 EUR. Die VIP Card ist im Grunde genommen eine Prepaid Karte, die ich mit mindestens 500 YUAN aufladen muss. Dadurch binde ich mich zwar an den Frisör, doch bis zur Rückkehr nach Deutschland habe ich die Karte abgeschöpft.