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Der China-Knigge – Teil 2

Alltägliches Miteinander

  • Ein Anstarren des Gesprächspartners – oder wie wir sagen würden – ein fester, bestimmter Blick in die Augen des Gegenübers, gilt als Ausdruck von Stärke oder aufmerksamem Zuhören. In China wird es eher als unangenehm und aufdringlich empfunden, dem Gesprächspartner zu lange oder zu bestimmt in die Augen zu gucken. Das heißt nicht, dass man einen Gesprächspartner gar nicht ansehen soll.
  • In China sollte man sich bemühen, möglichst neutrale Gesprächsthemen zu wählen. Unterhaltungen über chinesische Politik sind genauso fehl am Platze wie das Schimpfen über die deutsche Politik. Sich über das eigene Land negativ zu äußern, was in Deutschland ja durchaus üblich ist, würde in China auf erhebliches Unverständnis stoßen. Ebenso wie der Versuch, über Menschenrechte, Tibet oder andere chinesische innenpolitische Themen zu reden. Politische Themen werden in China eher selten diskutiert. Andererseits gibt es durchaus Themen, die in Deutschland Befremden auslösen würden, über die man sich in China jedoch völlig natürlich unterhält. Üblich ist zum Beispiel die direkte Frage nach dem Einkommen des Gesprächspartners. Dies ist bekanntlich bei uns tabu.
  • Chinesen diskutieren zwar miteinander leidenschaftlich gern über alle möglichen Themen. Am Schluss einer jeden Diskussion sollte jedoch stehen, dass man sich im Grunde darauf einigt, dass beide Recht hatten oder man eigentlich das Gleiche meinte. Es gibt keinen, der am Schluss Recht hat. Dies würde peinlich arrogant wirken und/oder als ein persönlicher Angriff auf den Diskussionspartner gewertet werden können.
  • Chinesen sind oft Meister darin, Kritik durch die Blume anzubringen. Hat jemand seinen Job außerordentlich schlecht gemacht, dann wird eben betont, dass er noch viele andere Verpflichtungen hat und man ihn daher das nächste Mal nicht wieder behelligen möchte. Ist eine Idee wirklich schlecht, dann betont man, dass der Urheber schon oft viele gute Ideen hatte. Die Grundlage des Miteinanders in China ist die Aufrechterhaltung der Harmonie und die Vermeidung von Streit.
  • Anstarren von Leuten ist üblich und ein Zeichen von Neugier, wenn beispielsweise ein Europäer durch seine Größe oder Haarfarbe auffällt. Das umgekehrte Anstarren sollte man lassen, ebenso wie bewundernde Blicke oder Gesten. Es wird wahlweise als Missbilligung oder bedrohlich empfunden.
  • Laute Unterhaltungen, am Telefon oder mit dem Gegenüber, gehören zum Alltag dazu.
  • Wer dem Kellner, Taxifahrer usw. Trinkgeld gibt, läuft Gefahr, ihn damit zu beleidigen.
  • In Deutschland ist es teilweise durchaus üblich, dass man sich mit einem Papiertaschentuch in der Hand die Nase schnäuzt. In China sollte man darauf verzichten, denn dies gilt als extrem unfein. Hierfür sollte die Toilette aufgesucht werden.
  • Anders ist es beim Rülpsen. Während man dies in Deutschland nicht (mehr) tun sollte, ist es in China durchaus normal, dass man einen Rülpser herauslässt. Jedoch sollte man im Hinterkopf behalten, dass das Rülpsen in China kein Zeichen für schlechte Manieren ist.
  • In der Öffentlichkeit wird oft und gerne auf den Boden gespuckt.
  • Verbeugung und Händedruck. In China kennt man zwar durchaus auch — ähnlich wie im Westen — den Händedruck zur Begrüßung, zusammen mit einer angedeuteten Verbeugung. Allerdings ist der chinesische Händedruck eher ein kurzes Ineinanderlegen der Hände. Wenn ein Chinese einen Gast aus dem Westen begrüßt, wird er einen Händedruck also durchaus erwarten. Während jedoch im Westen ein „fester Händedruck” ein Ausdruck von Stärke und Entschlossenheit ist, wird es in China als unhöflich empfunden, dem Gegenüber die Hand zu fest zu drücken.
  • Wenn sich die Menschen beim Erzählen die Hand vor dem Mund halten, haben sie Mundgeruch. In China haben rund 80% der Menschen Mundgeruch.
  • Die Sitte, Visitenkarten auszutauschen, ist von großer Bedeutung. Sie werden immer mit beiden Händen überreicht. Höflich ist es, die Karte sofort zu lesen und zu würdigen, bevor man sie einsteckt. Und zwar nicht in der Hose, sondern in der Jackentasche, sonst würde man symbolisch auf dem Visitenkartenbesitzer sitzen.
  • Eine Warnung für alle Choleriker: Der Verlust der Beherrschung in der Öffentlichkeit ist in China ein Verlust von Ansehen – sowohl für denjenigen, der sich gerade aufregt, als auch für alle, die das mit ansehen müssen. Also sollte man einen kühlen Kopf behalten.
  • Man sollte nie einen Chinesen dazu auffordern, sein Handy auszumachen oder seinen Klingelton leiser zu drehen. Dies wird als großer Verlust von Ansehen empfunden.
  • Es ist durchaus üblich und kein Zeichen für Homosexualität, dass Männer Hand in Hand durch die Straßen laufen oder sitzend Händchen halten. Dies drückt sehr gute Freundschaft aus.
  • Was wohl jedem China-Reisenden auffällt, ist die Vorliebe der Chinesen zu Drängeln. Egal ob an der Obsttheke, an der Bushaltestelle, am Eingang zum Kino oder im Restaurant. Sobald die wartende Gruppe etwas größer wird, geht es darum, sich einen guten Platz zu ergattern. Oft mit wenig rücksichtsvollem Verhalten gegenüber anderen.
  • Diese Verhaltensweisen sind Überbleibsel aus der maoistischen Zeit, wo nur derjenige sich nicht verdächtig machte, der sich möglichst proletarisch verhielt. Diese Verhaltensweisen wieder abzulegen, fällt natürlich vielen Menschen schwer.
  • Eine besondere Bevorzugung von Frauen ist den Menschen in China fremd. Wer einer chinesischen Frau die Tür aufhält oder ihr den Vortritt lässt, wird wohl einen überraschten Blick ernten.
  • Schlitzhosen (Splitpants). Viele Kleinkinder laufen in diesen Splitpants herum, denn sie sparen Zeit. Die klassischen Baby-Splitpants kommen aus Asien und haben im Windelbereich eine grosse Öffnung. Die Öffnung im Schritt garantiert, dass ein Klogang schnell und problemlos erledigt wird. Oft habe ich Kinder hockend auf der (Geh-)Straße gesehen oder Eltern ihre Kinder über die Mülltonnenöffnung halten sehen, damit sie ihr Geschäft machen können.

2 Gedanken zu „Der China-Knigge – Teil 2

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