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Kein Baumarkt, aber so ähnlich

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Mal eben zum Baumarkt fahren und einfachste Dinge einkaufen oder sich Inspirationen holen. Was irgendwie mit Bauen zu tun hat, findet sich im Baumarkt. Vor allem in meinen ersten Wochen in China, benötigte ich für die Einrichtung unseres Büros Bau- und Möbelmärkte. Doch Pustekuchen, weder ein Baumarkt noch ein Möbelhaus findet sich in naher Umgebung (auch nicht in ferner). In Deutschland hingegen finden wir alle paar km jegliche Art von Märkten. Was mir anfangs unvorstellbar vorkam, hat sich mit der Zeit bewahrheitet und ich musste mich mit der chinesischen Art des Einkaufens anfreunden – kein Bau- und Möbelhaus, wie wir sie kennen.

Fahre ich durch die Städte, finden sich an etlichen Orten nebeneinanderliegende, einfachste Garagen. Jede dieser Garagen hat eine eigene Funktion, die wir in Deutschland als Abteilung bezeichnen würden. Um zu erkennen, welche Garage welche Artikel verkauft, muss ein genauer Blick in die Garage geworfen werden. Schilder an den Garagen habe ich noch nicht gefunden, zumindest keine Bebilderten oder welche auf Englisch.

In wenigen Garagen habe ich zum Teil Markenware gefunden, zum Beispiel  Werkzeuge von BOSCH. Inwieweit die Ware Originale sind, lässt sich vermutlich erst beim eigentlichen Gebrauch feststellen. Optisch lassen sich die Waren auch erst auf den zweiten Blick von den Originalen unterscheiden.

In China wird weitestgehend im Internet bestellt und was wäre China ohne Plagiate? Darum sollte bei jedem Kauf auf den richtigen Käufer gesetzt werden. Auf den Plattformen der Online-Shops finden sich viele schwarze Schafe und preisen gefälschte Ware an. Sprich, vor dem Kauf sollte der Verkäufer auf Echtheit geprüft werden. Die Prüfung erfolgt per Zertifikat, das der Verkäufer in seinen Angeboten anzeigt. Liegt dem Verkäufer kein Zertifikat vor, wird vom Kauf abgeraten.

Unternehmen sollten grundsätzlich bei seriösen Verkäufern bestellen, denn die Buchhaltung benötigt für jede Bestellung eine spezielle Quittung – die sogenannte Fapiao. Die seriösen Verkäufer legen eine solche Fapiao der Lieferung bei. In China wird der Steuerbehörde durch eine Fapiao die Möglichkeit zur Überwachung der korrekten Abrechnung der Mehrwertsteuer bei durchgeführten Transaktionen gegeben.

Ich selbst kann das Verkäufer-Zertifikat nicht beurteilen, darum suche ich mir den gewünschten Artikel aus und lasse ihn von Elke bestellen. Bei Privatkäufen ist es mir relativ egal, ob die Ware ein Plagiat ist oder ich eine Fapiao bekomme. Die Ware soll lediglich meine Zeit in China überstehen.
Die Suche nach dem richtigen Artikel kann aufgrund der vielen Angebote unglaublich anstrengend sein. Oftmals fehlen mir die passenden Suchbegriffe oder ich verstehe die Beschreibungen nicht, weil diese ausschließlich aus chinesischen Schriftzeichen bestehen. Zudem ist es frustrierend, wenn der gelieferte Artikel nach Lieferung in keiner Weise der Beschreibung entspricht.

Die zwei meist besuchten Online-Versandhändler in China sind www.jd.com und www.taobao.com.

JD.com ist ein chinesisches Online-Versandhaus. Die Plattform bietet in nahezu allen Bereichen der Konsumgüterindustrie Produkte an: Darunter in den Feldern Telefonie und Computer inklusive Zubehör sowie weitere Elektronikgeräte; Kleidung, Schuhe und Taschen; Garten und Heim; Schmuck und Uhren; außerdem vertreibt JD Sportartikel, Schönheitsprodukte, Spielzeug oder Automobilzubehör. Das Unternehmen bietet seine Dienste über die Homepage sowie über mobile Anwendungsmöglichkeiten an.

Mein chinesischer Kollege und ich hatten uns über die Einkaufmöglichkeiten in China unterhalten. Vor Kurzem hat er ein neues Apartment bezogen und bezieht nahezu alle seine Einrichtungsgegenstände über JD.com. Ihm berichtete ich über Amazon und die Möglichkeit, dass den ‘Amazon Prime’ Kunden die Bestellung am nächsten Tag geliefert bekommen. JD.com geht noch einen Schritt weiter und betreibt ein eigenes Logistikunternehmen, das ausschließlich die Bestellungen von JD.com noch am selben Tag auszuliefern. Wer vormittags bestellt, bekommt am Abend die Bestellung geliefert. Anders als bei Amazon, gehört diese Art der Belieferung bei JD.com zur Standardbestellung dazu, ohne Zusatzkosten.

taobao gehört zur weltweit bekannten Alibaba Gruppe.  Auf taobao werden eher gefälschte Produkte angeboten als auf JD.com. Den chinesischen eCommerce-Markt beherrschen seither die beiden chinesischen Unternehmen. Keine andere Plattform konnte sich bisher in ähnlicher Größe etablieren.

Ein www.amazon.cn gibt es zwar in China, jedoch ist die Nutzung schwach frequentiert. Interessanterweise funktioniert das Einkaufen auf amazon.cn ausschließlich mit einem Konto, das mit chinesischer eMail-Adresse registriert ist.

Der Grund dafür ist das seit dem 1. Juni 2017 in China in Kraft getretene Cybersecurity Gesetz. Das Gesetz untersagt das Speichern sensibler Daten außerhalb Chinas. Betroffen sind Daten, die aus dem Bereich eCommerce stammen und die in China erzeugt sind. Demnach müssen alle Daten solcher Art in China gespeichert werden. Von diesem Gesetz sind vor allem Unternehmen betroffen, die im Onlinehandel aktiv sind. Selbst chinesische Apple-User sind davon betroffen. Apple-Konten, die mit chinesischer eMail-Adresse registriert sind, werden seit dem 1. Juni 2017 in China verwaltet.

Im Jahr 2013 eröffnete ein Media Markt in Shanghai. Nach wenigen Monaten musste dieser jedoch aus wirtschaftlichen Gründen schliessen. Offensichtlich werden solche Elektro- und Baumärkte in China nicht angenommen. Man stelle sich vor, wir in Deutschland hätten keinen Media Markt, Saturn, Höffner etc. und müssten alles im Internet bestellen?!

Immerhin versuchen die großen Märkte, in China Fuß zu fassen. Doch leider überleben sie nicht lange, obwohl die Einwohnerzahl in den Großstädten um ein vielfaches höher ist als in Deutschland. Hamburg ist mit ca. 1,7 Mio. Einwohnern ein Bruchteil von den 33 Mio. Lebenden in Shanghai. Offensichtlich kaufen die Chinesen ihre Ware lieber kompliziert und unseriös. Durch das Einkaufen im Internet wird oft die Katze im Sack gekauft und wundert sich, was am Ende dabei rauskommt.

Allerdings werden in einem Land wie China, in dem die Kommunikation weitestgehend über das Smartphone stattfindet, die sogenannten Handyshops besucht. Paare unterhalten sich kaum miteinander, sondern kommunizieren über das Handy oder spielen darauf Spiele. Jugendliche Gruppen treffen sich in Cafés und beschäftigen sich mehr mit ihrem Smartphone als mit ihrem Gegenüber. Leider hat die Art der Kommunikation auch Deutschland erreicht. An dem Jugendwort des Jahres 2015 „Smombie“ ist sehr viel Wahrheit dran. Das Wort Smombie setzt sich aus Smartphone und Zombie zusammen und beschreibt jemanden, der von seiner Umwelt nichts mehr mitbekommt, weil er nur auf sein Smartphone starrt.

Selbst auf deutschen Straßen beobachte ich dieses Verhalten vermehrt, wenn ich meinem Vordermann an der Ampel durch Hupen auffordern muss, bei grün zu fahren. In China ist das Handy am Steuer auch nicht erlaubt, jedoch hält sich niemand dran. Es stört aber auch keinen, wenn die Verkehrsteilnehmer dadurch träumen und den Verkehr behindern.

Ich persönlich hätte auf Dauer mit den hier praktizierten Einkaufsgewohnheiten Schwierigkeiten. Denn bevor ich teils teure technische Geräte, Möbel etc. kaufe, möchte ich sie auf Haptik und Qualität prüfen können.