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Haben ist besser als brauchen

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Um nicht ausschließlich auf der passiven Seite der Verkehrsteilnehmer zu stehen, wollte ich mich selbst ins Chaos stürzen und sofern mir ein Auto zur Verfügung stünde, mich hinter das Lenkrad setzen dürfen. Denn aus aktiver Beteiligung lässt es sich leichter über Themen urteilen und eigene Eindrücke aus direkter Sicht des Autofahrens in China sammeln.

So dachte ich es mir und machte mich an die Arbeit, den Chinesischen Führerschein zu machen. Denn meine Devise lautet “…ich mach’ das schon…” oder “…nicht reden, machen…”.

Also fuhr ich an einem Freitagnachmittag mit dem Taxi zur Registrierungsstelle in Taicang. Dort angekommen, landete ich zunächst in einer großen Halle mit etlichen Schaltern.

Nach langem Hin und Her, denn die Kommunikation war schwierig, schickte man mich zum Schalter Nr. 7. Bilder für die Registrierung und für den Führerschein wurden benötigt. Die Bilder durften nur dort gemacht werden, denn nur diese entsprachen den Anforderungen. In der Halle stand eine einfache Sofortbild-Kabine, die “hochauflösende” Portraitbilder machte. In der Kabine setzte ich mich auf einen Hocker und blickte auf einen Bildschirm, der mir die exakte Position meines Gesichtes vorgab. Alles war sehr klein und eng, ich musste mich krumm machen machen, um mein Gesicht korrekt ausrichten zu können – die ersten 10 YUAN (ca. 1,33 EUR) waren ausgegeben.
Danach ging es weiter in einen kleinen Raum, um dort einen Sehtest zu machen. Der Sehtest bestand darin, sitzend auf einem Hocker die Richtung der auf einer Tafel abgebildeten “E”s anzuzeigen.
Jeweils abwechselnd habe ich ein Auge mit einem kleinen Löffel-Stab zuhalten müssen. Dreimal mit dem Finger die Richtung der immer kleiner werdenden “E”s angezeigt und der Sehtest war bestanden – weitere 8 YUAN waren ausgegeben.
Dann ging es wieder zurück in die große Halle zum Schalter Nr. 7, um mich zu registrieren – die Registrierung kostete 10 YUAN. Weil ein Dokument fehlte, konnte ich mich erst am Prüfungstag für die Prüfung anmelden.
Nach Auskunft sagte man mir, die Prüfungen fänden von Montags bis Freitags statt. Um noch etwas Zeit zum Lernen zu gewinnen, entschied ich mich für den kommenden Mittwochmorgen – somit blieben mir 5 Tage.

Zum Lernen kaufte ich aus dem Appstore eine einfache App für 2,29 EUR. Das war der Startschuss und die Paukerei der 1300 Fragen konnte beginnen. Einige Fragen lehnten sich an den Deutschen Verkehrsregeln an und andere waren entweder neu für mich oder komplett anders geregelt.
Ein Beispiel:
Grundsätzlich dürfen Rechtsabbieger ohne zu stoppen abbiegen, sofern keine Rechtsabbiegerampel installiert ist.

Ein paar Fragen zu Verkehrsschildern habe ich auswendig lernen müssen, da die Schilder ausschließlich mit Chinesischen Schriftzeichen bedruckt sind. Am Wochenende und die Tage bis Dienstag wurde gelernt und am Mittwochmorgen ging es wieder mit dem Taxi um 8 Uhr zur Prüfungsstelle.
Wieder in der Halle angekommen, habe ich das fehlende Dokument abgegeben und mich für die Prüfung anmelden können – für die Prüfungsanmeldung waren 30 YUAN (ca. 4 EUR) fällig.
Nach der Anmeldung wurde ich von einem Schalter zum nächsten geschubst. An dem einen Schalter war das Bezahlen der Gebühr fällig und am Schalter nebenan konnte ich mir die Quittung abholen – in Deutschland übrigens als Beschaffungsmaßnahme bekannt. Um kurz nach 9:30 Uhr war es dann soweit und ich durfte in die 2. Etage zur Prüfung.

In 45 Minuten mussten 90 von 100 Fragen korrekt beantwortet werden. Im Prüfungsraum saß ich mit mehreren Leuten nebeneinander, abgetrennt mit kleinen Plastikwänden. Vor mir stand ein alter Röhrenmonitor und unter dem Tisch ein alter PC. Wäre ich versehentlich mit dem Fuß gegen den PC gekommen, hätte sich dieser vermutlich verabschiedet, dachte ich mir. Man ist ständig unter Beobachtung, am Ende des Raumes stand eine Aufsichtsperson und lief oft und sehr langsam durch den Raum. Zudem war neben meinem Bildschirm eine kleine Kamera installiert, die permanent Bilder von mir machte. Es kann ja gut sein, dass sich der Prüfling während der Prüfung austauscht. Die 45 Minuten reichten locker aus, nach 30 Minuten waren alle Fragen beantwortet.

Einige Fragen sah ich zum ersten Mal, da die App nicht offiziellen Prüfungsstoff bietet – die App wird von einem Hobbyentwickler entwickelt.
Gelernt habe ich die Fragen auf Englisch, auch die Prüfung hatte ich auf Englisch absolviert. Die Übersetzung war weder in der App noch in der Prüfung gut, aber zum Bestehen hat es gereicht.
Nachdem alle Fragen beantwortet waren, zeigte mir die Prüfungssoftware nach einem Klick auf “Hand in” das Ergebnis

Congratulation

an und die Prüfung war bestanden! Hier das Ergebnis mit den zeitlich zufällig entstandenen Bildern während der Prüfung.

Nach der Prüfung ging es mit der Bescheinigung wieder in die Halle zum Schalter Nr. 7, um dort das Prüfungsergebnis abgeben zu können.
Mit einem neuen Zettel konnte ich mir am nächsten Schalter den Chinesischen Führerschein abholen. Und so sieht er aus:

Von nun an kann ich objektiv beurteilen, welches Verhalten richtig und welches falsch ist. Umso weniger werde ich vermutlich die Fahrgewohnheiten der Fahrer nachvollziehen können, wie rücksichtslos und verständnislos hier gefahren wird.

Der Führerschein hat mich in etwa genauso viel gekostet wie die 4 Taxifahrten zur Prüfstelle (4 x 14 YUAN = 56 YUAN).

Kosten für den Führerschein:
17 YUAN App
10 YUAN Bilder
8 YUAN Sehtest
10 YUAN Registrierung
30 YUAN Prüfung
——————————
75 YUAN (ca. 10 EUR)
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Früher konnte der Führerschein einfacher ergattert werden. Man suchte sich einen Chinesen, der mit in die Prüfung kam, “weil man der Sprache natürlich nicht mächtig war” und ließ ihm die Fragen beantworten.
Diese Methode funktioniert jedoch seit einigen Jahren nicht mehr. Heute sind die Fragen übersetzt und man kommt nicht mehr drumherum, die Fragen selbst beantworten zu müssen.

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Transportmittel in und um Shanghai

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China ist berüchtigt für einen chaotischen Straßenverkehr. Die erste Fahrt in einem Auto\Taxi vergesse ich nie.

Mein meistgenutztes Verkehrsmittel in Taicang ist das Taxi. Ein Taxi ist günstig und einfach zu bekommen. Das Taxameter beginnt bei 10 YUAN, was umgerechnet ca. 1,33 EUR sind. Sehr viel teurer wird die Fahrt durch Taicang meist nicht, da alles sehr eng beisammen liegt. Jedes Mal, wenn ich in einem Taxi saß, fragte ich mich, ob sich die Fahrweise teilweise mit den lokalen Verkehrsregeln deckten oder ob sie einfach nicht besser fahren können.
Objektiv konnte ich die Fahrgewohnheiten mit unseren deutschen Verkehrsregeln vergleichen, subjektiv aus meiner eigenen Fahrpraxis und aus reinem Menschenverstand.

Mit deutschem Führerschein darf in China kein Fahrzeug geführt werden. Eine Theorieprüfung muss dazu abgelegt werden, um per Auto am Verkehrsgeschehen dran teilnehmen zu dürfen. Lediglich Elektroroller dürfen führerscheinlos gefahren werden. Diese Roller sind hier im Übrigen sehr weit verbreitet und übertreffen den Fahrradverkehr. Selbst ohne Licht werden die Roller im Dunkeln gefahren, um Strom zu sparen – sehr praktisch. Einige Autos fahren auch gerne ohne Licht. Um im Dunkeln über die Straße zu kommen, genügen keine Blicke nach links und nach rechts, man muss sogar ganz genau hinhören… unglaublich.

Es wird noch viele Jahre dauern, bis hier verständnis- und rücksichtsvolles Fahren herrscht, wenn dies überhaupt passieren wird. Warum sich an Verkehrsregeln halten, wenn es eh die wenigsten machen und nach Gefühl fährt es sich doch viel besser?! Die Polizei versucht dagegenan zugehen und verschärft die Polizeikontrollen, was bei der Menge an Verkehrsteilnehmern nicht einfach ist. War es noch vor ein paar Jahren üblich, durchgängig und überall zu hupen, sind heute dafür Strafen fällig.
An einigen Plätzen in Shanghai ist absolutes Hupverbot. Wer erwischt wird, muss zahlen. Seit wenigen Wochen stehen auf meinem Arbeitsweg an einer großen Ampel mehrere Polizeibeamte, um Verkehrsverstöße zu bestrafen. Die Elektroroller werden auch des Öfteren angehalten.
Seitdem ist es an der Ampel still geworden, kein Gehupe und die Verkehrsteilnehmer geben sich alle Mühe, nach Regeln zu fahren.

“Es ist viel schwieriger, die Wahrheit durchzusetzen, als im Rudel mitzulügen.”

Seit Kurzem bin ich Mitglied von “Taicang public bicycle” und darf die öffentlichen Fahrräder leihen. Die Leihstationen gibt es fast an jeder Straßenecke. Somit brauche ich mir kein eigenes Fahrrad kaufen. Mit der Station vor meiner Haustür kann ich morgens bequem mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, denn vor dem German Centre Taicang befindet sich ebenfalls eine Station, an der ich das Fahrrad abstellen kann. Nach der Arbeit nutze ich das Rad zum Einkaufen oder fahre irgendwo anders hin – wirklich praktisch. Die Qualität der Räder ist ok, vorne ist ein Korb befestigt, den ich für meinen Einkauf oder meine Sporttasche nutze. Bei der Hitze ist der Fahrtwind sehr angenehm. Fahrräder waren bisher immer an einer Station anzufinden. Nachdem ich Reifendruck und Sattel überprüfe, entsperre ich das Rad und fahre los. Die Prüfung muss sein, denn einmal fuhr ich mit einem Platten und ein anderes Mal rutschte der Sitz permanent herunter. Ob Lichter angebracht sind, habe ich noch nicht geprüft.

Gekostet hat mich die Membercard 200 YUAN (ca. 26 EUR) Pfand plus 20 YUAN Geld aufladen auf die Karte. Die 1. Stunde Nutzung ist kostenlos, jede weitere Stunde kostet 1 YUAN (ca. 13 Cent), bis max. 3 YUAN.

In Shanghai nutze ich die Metro. Durch die Größe von Shanghai bin ich teilweise über eine Stunde mit der Metro unterwegs, um ans Ziel zu kommen. Die Fahrpreise sind günstig und liegen zwischen 4 und 10 YUAN pro Fahrt.

Ich bin jedes Mal auf’s Neue gespannt, was mich draußen am Metroausgang erwartet, denn die Architektur in Shanghai reicht von sehr modern bis in frühere Jahrhunderte zurück. Gerade die Vielseitigkeit macht den Scharm von Shanghai aus, der Mix zwischen Modern und Alt gefällt mir sehr.

Die Länge der Metro lässt sich nur erahnen, aber ich gehe von 150+ m aus. Auf dem 2. Bild fällt wunderbar auf, wie abgelenkt die Menschen von ihrem Handy sind. Sie spielen darauf herum oder sehen sich schlechte Filme an. Keiner bekommt irgendetwas von ihrer Umwelt mit. Und wenn einmal jemand telefoniert, unterhält derjenige die ganze Metro, denn leise reden muss ja nicht sein. Lautes Telefonieren ist hier üblich, teilweise lassen sich normale Gespräche von Streitgesprächen nicht unterscheiden.

Den Bus in Taicang habe ich auch schon genutzt, dieser kostest ab 1 YUAN.

Inzwischen bereitet es mir keine Probleme mehr, mich zu einem vorher noch nicht besuchten Ort navigieren zu lassen. Per Handyapp kann ich mir genau anzeigen lassen, welche Bus- und Metrolinie ich zu nehmen habe. Selbst die dazugehörigen Zeiten und Preise werden angezeigt. Nehme ich das Taxi, suche ich vorab den Ort auf der Kartenapp und lasse den Ort ins Chinesische übersetzen, denn nicht alle Taxifahrer verstehen Englisch bzw. können das lateinische Alphabet.