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Bergfest – Anders als gedacht

In China brauche ich mir keine Sorgen machen

In der Zeit in China bin ich auf etwas aufmerksam geworden, das mir im Gegensatz zu Deutschland womöglich nie aufgefallen wäre, wären die beiden Länder in diesem Punkt ähnlich. Denn zu jeder Zeit in China kann ich mich an jedem Ort in der Öffentlichkeit aufhalten. In keinem Moment kommt mir ein Gefühl von Unwohlsein oder Bedrohlichkeit hoch. In China geht es zwar laut und hektisch, dafür aber sicher zu. Alle öffentliche Orte sind ausnahmslos frei von Gesindel. Im Vergleich zu China läuft in Deutschland bei der Sicherheit vieles schief.

Sicherlich trägt unter anderem die für uns Deutsche selbstverständliche Meinungsfreiheit und Nachrichtenvielfalt/-verfügbarkeit in gewissermaßen etwas zur Unruhe bei. Jeder ist über die schier endlosen Kanäle stets über alles informiert. In China hingegen werden Nachrichten so fein gefiltert, dass Negativschlagzeilen grundsätzlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Diese Vorgehensweise ist auch eine Art, das Volk im Zaum zu halten. In private WeChat-Gruppen jedoch machen selbst die Nachrichten in China die Runde, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Dieses Filterungs-System mag in China funktionieren, ich selbst jedoch bevorzuge für die Meinungsfreiheit.

Die Volksrepublik China ist ein autoritäres Einparteiensystem, das eine alleinige Herrschaft einer Partei gesetzlich festschreibt. Die Einheitspartei gewinnt dadurch die alleinige Regierungsgewalt. Durch dieses System ist die Einheitspartei die einzige legale Partei und in den meisten Fällen einer bestimmten Ideologie verpflichtet. Ein solches Parteisystem steht grundsätzlich im Widerspruch zur demokratischen Parteienvielfalt. Dieses politische System erfordert mit staatlichem Druck und/oder Gewalt gegenüber der Bevölkerung und unter Einschränkung der Bürgerrechte die Aufrechterhaltung dieses Systems. In China bekomme ich das politische System durchaus zu spüren.

Was ich durch die bisherige Zeit in China mitgenommen habe

Meine Freizeit habe ich seit meiner Zeit in China komplett umstrukturieren müssen. Aufgrund der neuen Umwelt und Gegebenheiten, habe ich mich auf neue Dinge einstellen müssen. Unter anderem auf die geringere Lebensmittelvielfalt im Supermarkt, fremde Menschen, fremde Kultur, andere Verhaltensmuster, anderes Klima, ein gefühltes Leben als Analphabet und Legastheniker, kein eigenes Auto vor der Tür etc. Alles braucht eine gewisse Eingewöhnungszeit, die aber nach relativ kurzer Zeit vorübergeht. Mit „deutschem Denken“ stößt der eine oder andere vermutlich schnell an seine Grenzen, wenn er sich der Gegebenheiten nicht anpassen möchte.

Durch die Zeitverschiebung und der Tatsache, dass die „Leute zu Hause“ nicht greifbar sind, habe ich mehr Zeit für mich. Dadurch nutze ich die Möglichkeit, mich mit Themen zu beschäftigen, für die ich mir in Deutschland nicht so viel Zeit hätte nehmen können. Die Uhren in Deutschland werden nach meiner Rückkehr schnell wieder anders drehen, dessen bin ich mir bewusst. Schneller als gedacht, finde ich mich im gewohnten Alltagstrott wieder. Darum bin ich umso gespannter, wann und wie ich das eine oder andere umsetze.

In Deutschland achtete ich stets darauf, meine Wohnung mit dem Nötigsten einzurichten. Staubfänger waren mir immer ein Dorn im Auge. Bei den vielen Angeboten der Möbelhäuser ist die Versuchung groß, nicht zu widerstehen. Von Impulskäufen habe ich mich aber schon lange distanziert. Vor meiner Entsendung nach China, habe ich meinen Haushalt in Hamburg bis auf 7 Umzugs-Kartons komplett aufgelöst. Nach meinen 3 Jahren werde ich mich neu einrichten wollen. Auf meiner Hinreise nach China bin ich mit 3 Koffern angereist, lediglich Klamotten und notwendige Kleinigkeiten packte ich ein. In China achte ich etwas mehr darauf, nichts Unnötiges für Haushalt und Leben anzuschaffen. Denn nach den 3 Jahren werde ich auch wieder mit meinen 3 Koffern zurückkommen wollen.

Die Deutschen wissen es nicht

Wer nicht selbst in China gewesen war, geschweige denn dort gelebt hat, ist sich dessen wahren Gegebenheiten nicht bewusst. Von China haben die meisten eine andere Vorstellung. Ein modernes, aufstrebendes und technisch fortgeschrittenes Land. So oder so ähnlich wird das Land von den Medien beschrieben. Doch der Alltag sieht oftmals anders aus. Dies bemerke ich immer wieder, wenn ich in Deutschland von der einen oder anderen Geschichte erzähle. Angefangen bei alltäglichen Dingen im Leben bis hin zur für uns Deutsche selbstverständlichen Internetnutzung. Der Einkauf für Wohnung und Essen sowie das Fortbewegen von A nach B kann bereits zum Abenteuer werden. Urlauber und beruflich Kurzzeitreisende picken sich lediglich die Highlights des Landes heraus und bekommen vom wahren Leben in China eher wenig mit. Bei der Übernachtung im Hotel inkl. Frühstück braucht sich zum Beispiel der Reisende wenig Gedanken über die Verpflegung und Reinigungsmittel machen als bei einer Selbstversorgung in der eigenen Wohnung.

Oft bekomme ich von Kurzzeitreisenden zu hören, die gelegentlich mit (für mich inzwischen normalen) befremdlichen Momenten konfrontiert werden, sie sich ein längerjähriges Leben in China nicht vorstellen können. Dies liegt daran, weil sie sich für wenige Tage auf China einstellen brauchten. Das “deutsche Denken” haben sie in dieser Zeit nicht abstellen wollen. Wer sich jedoch auf Neues einstellen kann und sich mit den Gegebenheiten arrangiert, kommt gut zurecht. Da ich mich inzwischen gut auf China einstellen konnte, genieße ich sogar die Vorteile in diesem Land, die in Deutschland in dieser Form nicht umsetzbar sind. Dazu gehören das weitverbreitete Bezahlen per Smartphone und die Nutzung von DiDi (Onlinevermittlungsdienst zur Personenbeförderung). Nichtsdestotrotz geht nichts über die eigene Heimat.

Ein anderer Punkt, der für uns Deutsche zum Alltag gehört und nicht mehr wegzudenken ist, ist die Nutzung des Internets. Doch die Qualität des Internets in China ist unglaublich schlecht, die in Deutschland in der Form nicht wahrgenommen wird. Leider erfordert die Internetproblematik sehr viel Aufmerksamkeit und Zeit. Die Ursache des Problems ist die Great Firewall of China. Die Great Firewall of China sperrt grundsätzlich alle Internetseiten, die über die Grenzen Chinas hinausgehen. Die dadurch hervorgerufene Internetzensur ist von der chinesischen Politik gewollt und sie kontrolliert dadurch die Zugriffe auf alle Internetseiten. Die inländischen Internetseiten lassen sich problemlos ansurfen, jedoch begeistern mich diese Seiten genauso viel wie erste Symptome einer Erkältung.

Erst durch das Betreten eines verbotenen Terrain kann ich ein für uns Deutsche gewohntes Internet nutzen. Mit der Nutzung eines VPN (Virtual Private Network) umgehe ich die Great Firewall of China und kann auf Internetseiten außerhalb Chinas zugreifen. Einfach ausgedrückt, gehe ich per VPN-Verbindung über ein anderes Land als China ins Internet. Doch selbst mit einem VPN bedarf es teilweise immer noch viel Geduld und ich habe außerdem mit permanenten Verbindungsabbrüchen zu kämpfen. Die Nutzung von VPN ist seit dem 1. April 2018 verboten. Weil das Internet meine einzige Möglichkeit ist, nach Deutschland zu kommunizieren oder ich mich per Nachrichten über Deutschland informieren kann, bin ich auf ein zensurfreies Internet angewiesen. Außerdem lassen sich in WhatsApp erst mit einer VPN-Verbindung Bilder und Videos verschicken. Lediglich Nachrichten lassen sich ohne VPN versenden. Für mich ist daher ein Aufenthalt ohne ein zensurfreies Internet in China nicht interessant, dazu würde mir ein Stück Freiheit zu viel genommen werden.

Die Zeit in China ist wertvoll

Ob ich mich trotz der vielen Änderungen noch einmal für die 3 jährige Entsendung nach China entscheiden würde, kann ich bejahen. Zumindest bereue ich meine Entscheidung bis heute nicht und wenn die Zeit weiterhin in gleicher Weise vergeht, bleibe ich bei dieser Aussage. Mehr persönliche Erfahrung hätte ich in derselben Zeit in Deutschland nicht machen können und bin auf der Zeit nach China gespannt.

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